Der deutsche Rechtsextremist Stephan Balliet (geb. 1992), der den Terroranschlag auf die Synagoge in Halle (Saale) verübte und dabei mehrere Passanten ermordete und verletzte, glaubte an eine antisemitische Version der Erzählung vom "Großen Austausch". Für ihn sind die Jüdinnen und Juden die treibende Kraft hinter der Masseneinwanderung von muslimischen und schwarzen Menschen nach Europa und Nordamerika, die angeblich die weißen Menschen ersetzen und so einen "Völkermord an der weißen Rasse" begehen.
Kategorien: Rechtsextremismus
Tags: (Verschwörung), (Rechtsextremismus - Neonazis), (Gewalt - Vandalismus),
DER ANSCHLAG AUF DIE SYNAGOGE VON HALLE 2019
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In der Art einer typischen Verschwörungstheorie werden die Jüdinnen und Juden als ein homogenes Kollektiv gesehen, das die Politik auf heimtückische Art und Weise kontrolliert. Ihnen wird eine ungeheure politische Macht über die Medien und den Staat zugeschrieben. Das bedeutet, dass sie für gesellschaftliche Entwicklungen wie Massenmigrationen verantwortlich gemacht werden, die den Anhängerinnen und Anhängern dieser Ideen missfallen.
Das Narrativ schafft eine rassistische Hierarchie unerwünschter Menschen mit den jüdischen an der Spitze und den schwarzen und muslimischen Menschen darunter. Ihnen sollen Menschenrechte und bürgerliche Freiheiten verweigert werden, zu Gunsten eines rassistischen Autoritarismus.
Im Fall des Anschlags in Halle wurden die Jüdinnen und Juden im Inneren der Synagoge nur deshalb davor bewahrt, Massenopfer eines Rechtsterroristen zu werden, weil die Eingangstür verschlossen war. Der Anschlag treibt einen weiteren Keil zwischen die jüdische Gemeinschaft und den Rest der Gesellschaft und verbreitet Angst unter jüdischen Menschen.
Dieses extremistische Narrativ untergräbt bürgerliche und demokratische Normen, indem es heimtückische Verschwörungen suggeriert - es stigmatisiert Jüdinnen und Juden als Feinde der westlichen Gesellschaft und bringt ihr Leben in Gefahr. Es ermutigt zu Gewalt gegen Jüdinnen und Juden und andere Minderheiten wie schwarze und muslimische Migrantinnen und Migranten oder alle, die von den Befürwortern dieses antisemitischen und rassistischen Narrativs als Feinde betrachtet werden.
Es ist sehr schwer und oft unmöglich, Menschen dazu zu bringen nicht mehr an diese Art von Verschwörungstheorien zu glauben. Es ist sehr wichtig, an die eigene Gesundheit und Sicherheit zu denken, wenn man mit Anhängern eines solchen Narrativs konfrontiert wird. Aus einer sicheren Position heraus kann man Kritik üben und darauf hinweisen, dass Jüdinnen und Juden kein monolithisches Kollektiv sind und dass die Entscheidungstragenden in den westlichen Gesellschaften im Großen und Ganzen keine Jüdinnen und Juden sind. Migrationen haben komplexe Push- und Pull-Faktoren, die völlig unabhängig vom Willen oder der Macht jüdischer Menschen sind.
QUELLEN
Prozess zu Anschlag in Halle: Das Fanal (Zeitungsartikel über den ersten Tag des Prozesses gegen Stephan Balliet auf der Webseite der Tageszeitung Taz vom 21. Juli, 2020)